Bittere Ernte in Almerìa – Migration, Ausbeutung, Landwirtschaft und billiges Gemüse.

Den Welttag für menschenwürdige Arbeit nahmen AK, ÖGB/VÖGB und „weltumspannend arbeiten“ (WUSA) zum Anlass, um den Film „Bittere Ernte in Almería“ zu präsentieren und zu  einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zu laden. Das Thema waren die Arbeits- und Lebensbedingungen von rund 150.000 Migranten/-innen in der Region Almería/Südspanien. Der erschütternde Dokumentarfilm, welcher im Rahmen einer Studienreise in der Region Almería entstanden ist, entfachten eine intensive Diskussion im vollbesetzten Kongresssaal der AK Oberösterreich über Ursachen und mögliche Lösungswege.

Vorsicht vor unerwünschten Nebeneffekten
Gleich nach der Begrüßung durch Reinhold Entholzer, Vizepräsident der AK OÖ, wurde klar, dass es für die Probleme in der Region Almeria keine einfachen Antworten gibt. Die Probleme liegen im Gesamtsystem. Die Herausforderung besteht darin, keine unerwünschten Nebeneffekte, durch bestimmte Maßnahmen oder Aktionen, für die Betroffenen Vorort zu erzeugen.

„Sie müssen illegal sein, um ausgebeutet zu werden“
Elias Bierdel von borderline-europe Menschrechte ohne Grenzen, nannte die Probleme klar beim Namen. Hier arbeiten Menschen unter sklavenartigen Bedingungen. „Die Migranten/-innen müssen illegal sein, damit sie in diesem Ausmaß ausgebeutet werden können“, so Bierdel.  Er vergleicht die Grenzpolitik der Europäischen Union mit dem „Eisernen Vorhang“. Jährlich sterben zwischen 3000 und 4000 Flüchtlinge an den Grenzen von Europa. Die Ursachen für die Probleme in Almería können seiner Meinung nach nur im (Wirtschafts-)System selbst gefunden werden. Es seien unter anderem EU-Handelsverträge im Fischfang, die dazu führen, dass die Ernährungsgrundlagen in Afrika immer schlechter und gleichzeitig in Europa enorme Profite damit gemacht werden. In diesem Kontext seien auch Agrarsubventionen in der EU zu hinterfragen.

Die Kernarbeitsnormen der ILO müssen eingehalten werden
Wilhelm Haberzettl, Stv. Vorsitzender der VIDA und Vorsitzender des Vereins WUSA betonte insbesondere den Handlungsbedarf auf internationaler Ebene.  Es gehe darum, wie die Europäische Union mit Flüchtlingen umgehe und ob überhaupt die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Europa eingehalten werden. Zum Beispiel haben Österreich und Spanien das ILO-Übereinkommen 184 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft nicht ratifiziert.

Der Wertewandel braucht soziale Bewegungen
Dieter Behr vom Europäischen BürgerInnenform beschäftigt sich seit Jahren mit dieser Thematik. Auslöser waren rassistische Ausschreitungen in Almería  gegen marokkanische Arbeiter im Jahr 2000. Seit damals besteht der Kontakt zur SOC, der Landarbeitergewerkschaft in Almería. Er will den Widerstand der lokalen Gewerkschaft unterstützen. Wichtig ist ihm, die Lebens- und Arbeitsbedingungen öffentlich zu machen,  den Aufbau von Sozialzentren und Gewerkschaftslokalen zu unterstützen und die Angriffe und Repressalien gegen Arbeiter und Gewerkschafter zu skandalisieren. Es brauche breite Bündnisse zwischen Gewerkschaften, bäuerlichen Organisationen, Umweltschutzorganisationen und Konsumentenorganisationen, um die Marktmacht bestimmter Akteur/-innen in Frage zu stellen. Auch für einen Wertewandel seien kollektive Aktionen entscheidend. Durch gemeinsame Protestaktionen und  Kampagnen  entstehe  politisches Bewusstsein.

Eine andere Ernährung ist möglich
Petra C. Gruber vom Interdisziplinären Forschungsinstitut für Entwicklungszusammenarbeit (iez) an der Johannes Kepler Universität Linz ergänzte die Diskussion um eine ökologische Perspektive. Wichtig sei,  dass die Kosten der Ausbeutung von Mensch und Natur sich auch in den Preisen der Lebensmittel widerspiegeln. Als Beispiel für eine andere Lebens- und Ernährungsweise präsentierte sie das Projekt „slow food“. Hier wird versucht durch kritischen Konsum die landwirtschaftliche Produktion zu beeinflussen.

Nachhaltige Produkte müssen auch gekauft werden
Tanja Dietrich-Hübner hatte als Vertreterin des Handelskonzern REWE wohl die schwierigste Rolle am Podium. Sie verwies jedoch auf die Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit im Unternehmen. So sei im Jahr 2010 eine ungewöhnliche Kooperation zwischen Global 2000, Caritas und REWE für ein neues Nachhaltigkeits-Label gelungen. Die Herausforderung für das Handelsunternehmen bestehe allerdings darin, dass die nachhaltigen Produkte aufgrund des Preises oder des Aussehens noch zu wenig gekauft werden.