Eine spannende Begegnung hatten wir in der Solarfabrik Canadian Solar in Suzhou. Neben einer Werkführung durch eine Verantwortliche der Öffentlichkeitsarbeit lernten wir auch Frau Shen, die Gewerkschaftsvorsitzende des Unternehmens kennen. Diese Begegnung bewies wieder einmal, dass man sich vor allzu einseitigen Interpretationen und Zuordnungen bezüglich der offiziellen Gewerkschaftsarbeit in China hüten soll. Generell heißt es ja, dass die offizielle Gewerkschaftsvertretung des ACFTU in China nur auf Seiten des Unternehmens steht, und sie eigentlich sehr wenig beiträgt zu einer offensiven Vertretung der Beschäftigten im Unternehmen.

Was uns Frau Shen erzählte, ließ uns jedoch mit großem Respekt die Firma verlassen.

Canadian Solar hat seinen Sitz in Kanada – ganz klar aus finanztechnischen und steuerpolitischen Gründen. In China lässt der Konzern an drei Standorten produzieren, neben Suzhou auch in Changshu bei Suzhou und Luoyang im Landesinneren. Canadian Solar hat etwa zehntausend Beschäftigte, 9000 davon arbeiten in China. Die Tausend im Ausland Beschäftigen sind für Marketing, Verkauf und Vertrieb zuständig, während die Produktion in China ist. Was aber machte Frau Shen? Sie erzählte, dass die meisten Beschäftigten von weit her zur Arbeit anreisen müssen. Sie hatten ganz schlechte Wohnungs- und Lebensverhältnisse. So organisierte sie leistbare Wohnunterkünfte mit Waschmaschinen und eigenem Fernseher, und vor allem eine Betriebskantine mit 2000(!) Sitzplätzen für die 4000 im Werk Beschäftigten. Dazu organisierte sie auch noch Computer mit Internetzugang für 100 Personen.

Auch erkämpfte sie einen hohen Beitrag des Unternehmens für die gewerkschaftliche Betriebsarbeit, und darüber hinaus Sponsoren für die betriebliche Wohlfahrt.

Dafür wurde ihr Team, das aus dreizehn KollegInnen besteht, und jenes aus Changshu von der Regionalregierung als Vorzeigegewerkschaft mit dem ersten Platz ausgezeichnet.

Lustig? Lächerlich? Bei aller gegebenen Vorsicht, wie diese Arbeit unter Umständen vielleicht vom Betrieb und Konzern vereinnahmt werden kann oder auch wird, mussten wir erkennen, dass hier wichtigste Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit geleistet wird. Frau Shen erkämpfte Dinge, die in früheren Zeiten das Um- und Auf der betrieblichen Gewerkschaftsarbeit war. Und vielleicht in baldiger Zukunft auch wieder werden wird.

Auf jeden Fall haben wir uns beeindruckt von Frau Shen verabschiedet.

Sepp Wall-Strasser

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