Während vor einigen Jahren China noch das Land mit den unbegrenzten Arbeitskräften war, hat sich nun die Situation umgekehrt. Die Einkindpolitik der vergangen Jahre und der aufkommende Strukturwandel führen zu einer Verknappung an qualifizierten Arbeitskräften. Bei der ersten Betriebsbesichtigung der Firma Hörbiger Ventilwerke sticht ein Thema hervor: Wie können Mitarbeiter/-innen länger im Betrieb gehalten werden? Der Vizepräsident des Shanghai Standortes berichtet uns, dass speziell nach den Feiertagen zu „Chinese New Year“ viele Mitarbeiter/-innen nicht mehr zurück ins Werk kommen. Nach einem Jahr fällt für sie die Kosten-Nutzen-Überlegung oft negativ aus. Die hohen Lebenshaltungskosten in der Metropole und die Distanz zu ihren Familien am Land, können durch die Löhne kaum aufgewogen werden. Um Mitarbeiter/-innen länger an das Unternehmen zu binden, werden kreative Anreizmethoden angewandt. So ist es in vielen Betrieben üblich die Boni zu Jahreswechsel erst nach dem Urlaub auszubezahlen. Für die Betroffenen bedeutet dies, dass es für das traditionelle Familienfest zu „Chinese New Year“ knapp in der Geldbörse wird. Auf die Frage von uns, ob höhere Löhne auch eine stärkere Unternehmensbindung von Mitarbeiter/-innen erzielen können, wird auf die ohnehin steigenden Löhne in China verwiesen. Auslöser ist vor allem das staatliche Ziel, in den nächsten fünf Jahren die Mindestlöhne in China zu verdoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, veranlasst die chinesische Regierung staatliche Unternehmen die Löhne konsequent anzuheben. In der Konsequenz müssen auch private Unternehmen mit den Löhnen nachziehen um konkurrenzfähig um die Mitarbeiter/-innen zu sein. Im letzten Jahr sind aus diesem Grund die Löhne durchschnittlich zwischen 15 und 20 Prozent gestiegen. Für die Region Shanghai heißt das, daß Unternehmen damit rechnen, daß heuer der derzeit gültige Mindestlohn von etwa 1200 Yuan/Monat auf etwa 1400 Yuan ansteigen wird. Durch die staatliche Lohnpolitik wird somit ein Dominoeffekt in der gesamten Wirtschaft ausgelöst, der nicht nur eine positive Wirkung auf die Einkommen der Arbeitnehmer/-innen hat. Das Anheben der Mindestlöhne führt zu einer Reduktion der Armut und kurbelt die Wirtschaft zusätzlich durch den vermehrten Konsummöglichkeiten einer großen Bevölkerungsgruppe an. In der Zukunft wird dadurch vermutlich die Binnennachfrage die tragende Säule der Wirtschaft in China bzw. weltweit sein.

Von Dennis Tamesberger (AK OÖ)

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3 Kommentare

  1. Einen Facharbeitermangel gibt es auch hierzulande.Da könnte sich ja unser Staat eine Scheibe abschneiden, und die Löhne und Gehälter anheben! Ob das aber auch auf die private Wirtschaft abfärbt? Zumindest hülfe es bei den KV-Verhandlungen.

  2. Boni erst verspätet zu zahlen find ich ja nicht so kreativ – aber die Erkenntnis, dass MitarbeiterInnenbindung wichtig ist für erfolgreiche Unternehmen schon sehr! freue mich schon auf eure vielen Erfahrungen und Eindrücke, die ihr mitbringen werdet!

  3. eine aussage an der pekinger universtät hat mich beeindruckt und nachdenklich gestimmt:”die arbeitsbedingungen der chinesischen arbeiter (Lohn/Arbeitszeit/…) haben international einfluss auf die arbeitswelt”.


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